Eine Schuldenökonomie als Herrschaftsordnung Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Sonntag, den 09. Januar 2011 um 18:49 Uhr

Politik und Wirtschaft, hofiert und getragen von einem massenmedialen Propaganda-Apparat, lassen kaum eine Gelegenheit aus, sich selbst und ihren Untertanen die herannahende Erlösung in Form von Aufschwung, sinkender Arbeitslosigkeit, einem Beschäftigungsrekord, sowie Umsatz- und Auftragssteigerungen vorzugaukeln. Das muntere Schönrechnen von Statistiken und Hantieren mit aussagelosen Definitionen, Durchschnittswerten und Wahrscheinlichkeiten macht es möglich.

Beschäftigt man sich allerdings mit der Tatsachenrealität, jenseits politischer und massenmedialer Delirien, sieht das Ganze etwas anders aus. Hier gibt es nämlich weder einen Aufschwung, noch sinkende Arbeitslosigkeit. Lediglich sinkende Lohnniveaus und Arbeitsbedingungen, mit denen sich allerdings bisweilen, hauptsächlich dank eines derzeit noch florierenden Exports, höherer Umsatz erwirtschaften, und damit wiederum ein Aufschwung herbei rechnen lässt. Anstelle eines Beschäftigungsrekordes erscheint tatsächlich ein Rekord an prekären Beschäftigungsverhältnissen, deren Einkommen in der Regel nicht zum Leben reichen.

Was wirklich steigt ist die Polarisierung der Gesellschaft, weil immer mehr Vermögen und immer höhere Produktivität immer größeren Teilen der Gesellschaft vorenthalten werden, sogar werden müssen. Damit nämlich eine Produktivität aufrecht erhalten werden kann, die mit einem - potenziell - exponentiell anwachsenden Schuldenberg Schritt halten muss, um der bürgerlichen Mitte weiterhin die Bäuche füllen und eine funktionierende Ökonomie vorgaukeln zu können.

Um es noch genauer zu sagen: Ein Schuldenberg, der auch deswegen beschleunigt anwächst, weil er eine Produktivität zunehmend alimentiert, die unentwegt wachsen muss, um mit dem Wachsen desselben Schuldenberges mithalten zu können. Weil nur Produktivität die Wertschöpfung generiert, die nötig ist, um den Schuldenberg abzutragen, der wiederum dafür nötig ist, um Wertschöpfung überhaupt zu ermöglichen. Um die mittels Produktivität generierte Wertschöpfung realisieren zu können, damit diese Produktivität tragen und/oder ausbauen kann.

Dies ist im Großen und Ganzen die systemisch verselbstständigte Massenschizophrenie, die kollektive Psychose, die Geisteskrankheit dieser Gesellschaft, die diese für eine Wirtschaftsordnung und deren kulturellen, weltanschaulichen und politischen Unterbau hält. Dieser Massenpsychose und der ihr entspringenden Ökonomie ist die Gesellschaft mitsamt ihrer politischen Herrschaftsstrukturen unterworfen. Auf diese Weise entwickelt sie eine Machtfülle, die nahezu in jeden Lebensbereich eindringt, bis in den letzten Winkel menschlicher Individualität reicht.

Der grundlegende Fehler dieses ganzen Systems ist - abgesehen davon, dass das monetäre Medium der Wertschöpfung als sich von selbst vermehrendes Schuldäquivalent, anstatt als Bedarfs- und Ressourcengedeckte Werteinheit generiert wird - ein fundamentaler Denkfehler, der eigentlich gar kein Fehler ist, sondern das primäre Dogma einer letztlich totalitären Herrschaftsdoktrin.

Das Dogma von Erwerbsarbeit, also innerhalb der ökonomischen Produktivität verwertete Arbeit, als einzige legitime ökonomische, Identität stiftende Daseinsform des Menschen, hat sich zu einem ersatzreligiösen Kult verselbstständigt, der zur Triebfeder des allgegenwärtigen Wachstumskultes wurde. Der wiederum das geistige Legitimationsfundament des zentralen ökonomischen Wachstumsmechanismus wurde: Des Zinssystems - der Erschaffung von Schuld aus dem Nichts als Anspruch auf reales Kapital, und damit auch auf reale Kaufkraft, der monetären Grundlage von Wertschöpfung, der wiederum ökonomischen Grundlage von Produktivität.

Noch einmal im Klartext also: Zuerst kommt der Arbeitskult, als Fundament bürgerlicher Herrschaft, der schließlich im Wachstumskult mündet. Dieser wiederum bringt dann erst das Zinssystem, den primären Wachstumsmechanismus hervor. Und dieser wiederum erst verselbstständigt Wachstums- und Arbeitskult und legitimiert und untermauert diese durch permanente Propaganda und Agitation.

Und verfestigt und verabsolutiert auf diese Weise die ökonomistische Machtausübung des modernen bürgerlichen Feudalismus, der sich mit dem Liberalismus ein weltanschauliches Fundament um seinen arbeitskultischen Kern gebaut hat. Das zentrale ideologische Fundament der bürgerlichen Moderne und ihrer geistigen Selbstlegitimation durch die Weltanschauung des Liberalismus, und aller aus dieser hervor gegangenen und/oder durch diese pervertierten Geisteshaltungen, ist der ökonomistische Arbeits- und Leistungskult.

Dessen Grundlage und Wurzel wiederum bildet eine Herrschaftsordnung, die sich Untertanen primär durch Leibeigenschaft und Abhängigkeit auf ökonomischer Ebene, durch Bevormundung und Kontrolle auf politischer und bürokratischer Ebene und durch Polarisierung und Irrationalisierung vorrangig mittels Paranoia und Unterhaltung auf gesellschaftlicher und kultureller Ebene schafft und auf diese Weise ihre Machtstrukturen, eine hierarchisch-elitäre Gesellschaftsordnung, aufbaut und legitimiert.