Die UN-Resolution zu Libyen Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Samstag, den 19. März 2011 um 01:04 Uhr

"Fressen oder gefressen werden" ist eine rassistische Wahnvorstellung, die der Rassenhygiene des Nationalsozialismus ebenso wie der modernen Sozialhygiene des (Neo-)Liberalismus den Weg geebnet hat. Zur bitteren Realität wird diese Wahnvorstellung, wenn sie sich durch Herrschende, zur Legitimation ihrer Herrschaft, selbst verwirklicht. Wenn sie sich Menschen bürokratisch oder militärisch aufzwingt, und sie damit in einen Kampf ums Überleben drängt.

So ungefähr geschieht es derzeit auch in Libyen. Aus einem Aufstand wurde ein Bürgerkrieg, weil der totalitäre Herrschaftsapparat zur Bewahrung seiner Macht eine Militärmaschinerie gegen seine eigene Bevölkerung einsetzt. Eigentlich sogar eine regelrechte Vernichtungsmaschinerie. Insbesondere die Libyer, die sich mutig und aktiv dem totalitären Regime entgegen stellen, befinden sich, unter den bislang vorherrschenden Bedingungen, in einem wohl aussichtslosen Kampf.

Abzuwarten bleibt, inwieweit die verabschiedete UN-Resolution daran nun etwas ändert. Gaddafi hat einen Waffenstillstand angekündigt, aber inwieweit der im Einzelnen wirklich eingehalten wird, ist fraglich. Denn Gaddafi ist und bleibt allem Anschein nach ein Irrer, der von der Vernichtung derer, die ihm ihre blinde Gefolgschaft verweigern, erfüllt ist. Die UN-Resolution ermöglicht nicht nur die Einrichtung einer Flugverbotszone, an der zu beteiligen sich die deutsche Politik bereits feige und scheinheilig weigert.

Möglich wird es auch sein, Luftangriffe auf Gaddafis Armee und die marodierenden Söldnertruppen auszuführen. Ausgeschlossen sein soll aber ein Einsatz von Bodentruppen, insbesondere zum Zweck der militärischen Okkupation des Landes durch fremde Mächte. Die direkte militärische Intervention in Libyen ist zwar ein entscheidender, aber nur ein kleiner Teil der Resolution. Ebenso wichtig ist etwa auch die Kontrolle des Waffenembargos, sowie Reisebeschränkungen der Regimemitglieder und die Einfrierung ihrer auf ausländischen Konten angelegten Geldvermögen.

Alles in allem handelt es sich also um eine Einmischung fremder Staaten in die Angelegenheiten eines einzelnen Staates. Problematisch wäre dies selbst dann, wenn es sich bei den nun (möglicherweise) intervenierenden Staaten bzw. Regierungen um politische Institutionen und durch diese repräsentierte Gesellschaften handeln würde, die sich tatsächlich humanitären Idealen, aufgeklärten Grund- und Menschenrechten verpflichtet fühlten. Tatsächlich tut es das aber nicht.

Zu großen Teilen handelt es sich um scheinheiligen Aktionismus, mit der Botschaft, dass es mal wieder zu einer gewaltsamen Lösung keine Alternative gibt. Wie in diesem Fall also das Beenden eines Völkermordes. Durch Gewalt, die einer Gesellschaft von außerhalb, bzw. von oberhalb, von einem totalitären Regime aufgezwungen wird, der zum Zweck des eigenen Überlebens, wie auch dem des Lebens in einer alternativen Gesellschaftsordnung, nur Gegengewalt entgegen zu setzen ist.

Dass die UN-Resolution die richtige oder eine notwendige Lösung wäre, kann also unmöglich gesagt werden. Sie ist bestenfalls von allen schlechten Lösungen noch die beste Lösung und notwendig, sofern das libysche Ausland voraus setzt, dass es, aus welchen Gründen auch immer, dem innerlibyschen Regimetreiben, der exzessiven Gewalt gegen Zivilisten und Aufständische bis hin zum Völkermord nicht tatenlos zu zusehen meinen kann.

Eine richtige Lösung gibt es in diesem Fall nicht – am wenigsten vom westlichen Ausland. Denn gerade dieses hat die jetzigen Probleme im ganz Wesentlichen mitverursacht – hat das libysche Regime jahrzehntelang hofiert, finanziert, ausgerüstet, mit ihm gehandelt, sogar trotz zahlreicher Beschuldigungen von "terroristischen" Verbrechen im Ausland – man denke vor allem an den Lockerbie-Anschlag und den Anschlag auf die Discothek "La Belle" in Berlin.

Daran sieht man jedoch sehr anschaulich, wie westliche, liberale Regime ihren arabischen bzw. muslimischen Pendants mit zweierlei Maßstäben gegenüber treten – sie mal als Feindbilder und Sündenböcke für ihr angstsüchtiges Wohlstandsbürgertum missbrauchen, oder mal als geopolitische und ökonomische Vasallen, ebenfalls für den Wohlstand des westlichen, liberalen Bürgertums.

Dementsprechend scheinheilig und doppelzüngig ist die Demagogie dieses Wohlstandsbürgertums, deren dumm schwallende Lautsprecher wie Westerwelle unter dem moralistischen Deckmantel von Freiheit und Pazifismus die eigene Verantwortung für Geschehnisse wie jetzt in Libyen, genau wie zuvor auch in Ägypten, leugnen. Dies ist der eigentliche Grund für die deutsche Verweigerungshaltung gegenüber der UN-Resolution.

Die libyschen Aufständischen können sich daher über den Aktionismus, so scheinheilig er auch sein mag, wenigstens einiger westlicher Regierungen freuen. Zumindest unter den Bedingungen, dass zum Einen die libyschen Rebellen nicht nur für die alternative Form einer (Militär-)Diktatur kämpfen, die Gefahr läuft, wie das alte Regime zum Vasallen westlicher Herrschaftsinteressen zu werden. Und zum Anderen, dass die westliche Intervention nicht mittels militärischer Okkupation und zum Zwecke aggressiver wirtschaftlicher Profitinteressen geschieht.

Klar ist aber, dass der Westen durch militärische Handlungen durch die UN-Resolution ökonomisch auf jeden Fall profitieren wird. Krieg ist vor allem auch ein Geschäft, und ein ungemein lukratives obendrein. Der militärische Industriekomplex ist eben der Hauptmotor der gegenwärtig auf dem Planeten marodierenden totalitären Ökonomie. Genau dies macht diese Angelegenheit letztlich so perfide, und auch die UN-Resolution gegen das libysche System nicht zu einer wirklich guten Lösung.

Klar ist allerdings auch, dass solche, moralischen Fragestellungen die Menschen in Libyen herzlich wenig interessieren. Denn für diese herrscht dort ein – letztlich eben auch vom Westen ermöglichter, und damit aufgezwungener – Überlebenskampf. Solange das Gaddafi-Regime, nicht nur als totalitäre Machtordnung an sich, sondern auch als Handlanger des Westens, des liberalen Wohlstandsbürgertums, nicht vollständig entmachtet und abgesetzt ist, befinden sich die gegen dieses Regime aufbegehrenden Libyer in einem Bürgerkrieg.

In einem Krieg des Staates gegen seine eigene Bevölkerung. Gegen Menschen, die nicht länger schweigen, sondern sich wehren wollen. In einem ungleichen Kampf zwischen schlecht ausgerüsteten und ausgebildeten, nur von einem diffusen, anti-totalitären Freiheitswillen angetriebenen Rebellen und einem hochgerüsteten und liquiden Armee-Apparat des herrschenden Regimes. In einem Bürgerkrieg, den die westliche Wohlstandsgesellschaft maßgeblich mit verschuldet hat, die das libysche Regime jahrzehntelang hofiert, ausgerüstet und aufgerüstet hat.

Hochgerüstet mit Waffen auch aus deutscher Produktion, gegen gutes Geld, mit welchem dem fleißigen deutschen Wohlstandsbürger schließlich sein Wirtschaftswachstum verkauft werden kann. Darauf basiert – unter anderem – der Wohlstand in Deutschland, wie der gesamten westlichen Welt. Wohlstand durch Krieg, Gewalt, Terror und totalitäre Regime, welche die Dritte Welt klein und arm und als Vasallen und Handlanger des Westens halten.