Jahrestag des Todes von Robert Enke Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Mittwoch, den 10. November 2010 um 22:07 Uhr

Am heutigen Tag vor genau einem Jahr beging der Fußballprofi Robert Enke Selbstmord. Ein günstiger und symbolträchtiger Zeitpunkt also, um ein erstes Resümee über die Folgen dieser viel beachteten und medial groß inszenierten und mit viel Anteilnahme verfolgten menschlichen Tragödie zu ziehen. Viel wurde geredet und gemahnt, über den Umgang miteinander, sowohl im Fußball, als auch in der Gesellschaft generell. Und so kann und sollte nun exakt ein Jahr nach dem Tod Enkes einmal erläutert und zusammengefasst werden, was sich seit dem im gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Miteinander verändert und zum Guten geändert hat:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nichts.

Aber immerhin tagte etwa am vergangenen Montag der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. In einer öffentlichen Anhörung wurde die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens vorgestellt. An der Grundeinkommenspetition zu Beginn des vergangenen Jahres hatten sich fast 53.000 Menschen beteiligt. Von dieser Begeisterung scheint nicht viel übrig geblieben zu sein. Dennoch wird die Idee des Grundeinkommens zunehmend epidemisch. Auch dank der von medialem Interesse begleiteten Sitzung des Petitionsausschusses.

Nicht das sich der Bundestag davon beeindrucken oder gar beeinflussen ließe. Die eiskalte, über Leichen gehende Machtpolitik der vergangenen Jahre wird fortgesetzt werden, bis zum bitteren Ende. Und das Grundeinkommen soll dabei gemäß der Interessen neoliberaler Machtapologetik lediglich eine Randnotiz sein. Das Bedingungslose, an keinerlei Leistungen zu knüpfende Daseinsrecht des Menschen. Ein Menschenbild, in dem der Mensch als Mensch erscheint und nicht länger als funktionale Leistungs- und Nutzeinheit.

Das Paradigma eines neuen Umgangs der Menschen mit sich selbst und untereinander ist also längst da. Dessen Umsetzung wird aber nicht durch die Politik eines autoritären Parteienstaates, der längst in eine parlamentarische und ministerialbürokratische Diktatur ausgeartet ist, erfolgen. Sie muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen, und kann nur von einer essentiellen Frage ausgehen: Wie wollen wir miteinander umgehen? Mit welcher Achtung begegnen wir uns selbst und anderen?

Diese Frage kann angesichts des Todes eines prominenten Fußballers durchaus einmal umso deutlicher gestellt werden. Das Schicksal Robert Enkes ist nur prominentes Spiegelbild zahlreicher Opfer, die stumm und unerkannt bleiben. Opfer eines Systems, das krank macht, weil es krank ist. Opfer auch einer Gesellschaft, die stigmatisiert, obwohl die Gesellschaft es sein müsste, die an den Pranger gehört.

Eine Gesellschaft calvinistisch abgerichteter Arbeitszombies, die ihre Daseinsberechtigung und Werthaftigkeit anhand erwirtschafteter Kapitalerträge definiert. Und sich dementsprechend die Frage stellen muss, ob dies eine tragfähige und nachhaltige Basis für ein Zusammenleben und auch -arbeiten sein kann. Wollen wir uns in einen immerwährenden Kampf ums Dasein stürzen, uns in rassistischen, darwinistischen und calvinistischen Wahnvorstellungen ergeben, oder uns ökonomisch wie moralisch ein Bedingungs- und Leistungsloses Daseins- und Teilhaberecht gewähren?

So lange sich die Gesellschaft diese Frage aber nicht stellt, und sie ihre Opfer nur selbstmitleidig und selbstgerecht betrauert, zugleich aber auch als krank und gescheitert stigmatisiert, ist der Tod eines Robert Enke, wie all der anderen namenlosen Opfer eines alles monetarisierenden und verwertenden, in einen auszehrenden und ruinösen Kampf ums Dasein werfenden Gesellschaftsgefüges, umsonst gewesen.