Bankrun: Widerstand gegen Finanzsystem Drucken
Geschrieben von: Baraka   
Donnerstag, den 09. Dezember 2010 um 01:04 Uhr

Ein Aufruf zu einer Protestaktion gegen das Finanzsystem sorgte für mehr Furore als er letztlich bewegte. Eine friedliche Revolution sollte es werden, um das Bankensystem mit einem "Bankrun" zum Einsturz zu bringen. Ex-Fußballer Eric Cantona wurde zum Sprachrohr der Aktion, als er seine Landsleute dazu aufrief, am siebten Dezember ihre Konten leer zu räumen.

Eine gut gemeinte Aktion des ehemaligen ManU-Profis, die die tatsächliche Macht des Bankensystems allerdings etwas überschätzt und die eigentliche Wurzel des Problems um Haaresbreite verfehlt. Auch eine gewisse Fahrlässigkeit könnte man dem Aufruf unterstellen, der letztlich ins Leere gelaufen zu sein scheint. Im Internet fand die Idee zwar europaweit mehrere zehntausend Anhänger.

Der massenmediale Propaganda-Apparat lässt Politik, Finansystem und Wirtschaft aber bereits einen Tag später aufatmen. Nur einige wenige Aktivisten hätten tatsächlich ihr gesamtes Geld bzw. die zulässige Höchstgrenze von 1500 Euro abgehoben. Auch Revolutionär Cantona wurde von einer vor seiner heimischen Bankfiliale postierten Journalisten-Meute vergeblich erwartet.

Bereits die Kritik, die den Aufruf begleitete, lässt aber erahnen, dass der drohende "Bankrun" einen empfindlichen Nerv innerhalb der etablierten Machtstrukturen getroffen hat. Äußerungen aus Kreisen von Politik und Banken offenbaren nicht nur die übliche Arroganz der Macht, sondern auch ein nicht gerade geringes Maß an Angst. Illiquide Banken sind der Albtraum des Systems - allerdings nur des politischen. Dem Finanzsystem dagegen kommen diese nicht notwendigerweise ungelegen. Potenziell sind sie ganz im Gegenteil sogar notwendiger Teil des Systems.

Darin liegt die Fahrlässigkeit der Idee eines Bankruns begründet. Schon die ebenfalls inszenierten Bankruns zu Beginn des 20. Jahrhunderts - wobei hier die Strippenzieher allerdings direkt Teil der finanzkapitalistischen Elite waren - kannten ihre Nutznießer. Dazu zählt die Gründung der amerikanischen Zentralbank FED, eines zentralistischen Geldmonopols in privater Hand, dem gegenüber der amerikanische Staat hinter dem politischen Schleier nicht mehr als ein Bittsteller ist.

Ähnlich verhält es sich weltweit mit sämtlichen mittlerweile etablierten Geldschöpfungsmonopolen. In diesen konzentriert sich in hohem Ausmaß die eigentliche gesellschaftliche Macht, denen die politische mal willfährig dienstbar, mal unzurechnungsfähig ausgeliefert und unterworfen ist. Dementsprechend ist die Aktion eines konzertierten Bankruns nicht völlig fehlgeleitet, aber letztendlich spielt sie dem bestehenden Machtstrukturen mehr in die Hände, als sie der Zerschlagung des derzeitigen Finanzsystems und daran hängenden Kapitalismus nutzt.

Denn die gegenwärtige Form des Kapitalismus ist nicht auf Wettbewerb, flächendeckende Liquidität und Bedarfsbefriedigung ausgerichtet, sondern ist ganz im Gegenteil einem permanenten und zunehmenden Monopolisierungszwang unterworfen. Auch ein eventueller (Teil-)Zusammenbruch des Systems, solange er nicht absolut vollständig und umfassend ist, begünstigt letztlich nur diese Tendenzen der Zentralisierung ökonomischer Macht.

Grund dafür ist aber nicht per se das Finanz- und Bankensystem an sich, sondern ein noch tiefergehendes System, das allerdings tragende und prägende Säule der derzeitigen Form des Finanzkapitalismus ist. Die Wurzel und eigentliche Triebkraft der gegenwärtigen ökonomischen Prozesse und Strukturen ist das Zinssystem und die Verknüpfung des Zinsmechanismus mit der kreditären Geldschöpfung.

Die kreditäre Geldschöpfung ist eigentlich keine wirkliche Geldschöpfung, sondern lediglich eine Monetarisierung von Schuld. Verschwörungstheorien missverstehen dieses Prinzip seit mehreren Jahren zunehmend als eine Geldschöpfung aus dem Nichts. Diese findet aber erst durch das Zinssystem statt. Genauer gesagt, durch das Prinzip der Geldentstehung durch ausschließlich positive Zinsen.

Sie bilden die Grundlage für die Anhäufung und das selbstständige Wachsen von Vermögen ohne reale Deckungsgrundlage. Die Folge ist eine systematische Überakkumulation angelegten und spekulativen Kapitals. Dieses bildet die Deckungsgrundlage für die kreditäre Erzeugung potenziell liquiden Kapitals. Daher findet nicht durch das Kreditsystem, sondern erst durch den Zinsmechanismus eine Geldschöpfung aus dem Nichts, die Entstehung fiktiven Kapitals statt.

Die kreditäre Geldschöpfung dagegen sorgt für eine potenzielle Realisierung dieses Kapitals. Die monetäre Deckungsgrundlage für kreditär realisiertes, also in Umlauf gebrachtes Kapital sind Schulden. Die perfide Kopplung dieser kreditären Schuldentstehung mit dem Zinsmechanismus führt zu einer wundersamen, realökonomisch allerdings insbesondere langfristig katastrophalen, parasitären Vermehrung von Schulden. Bei einer gleichzeitigen Vermehrung brach liegenden, realwirtschaftlich illiquiden, fiktiven Kapitals.

Sowohl Schulden, wie auch fiktivem Kapital ist ihre realwirtschaftliche Wirkung gemeinsam. Sie wirken als Anspruch auf reales, liquides Kapital, und damit auch auf Kaufkraft. Die Folge ist eine permanente und zunehmende Verknappung von Realkapital, während zugleich Privat- und Spekulationsvermögen zunehmen. Beides gemäß der Zinsdynamik in potenziell exponentieller Weise.

Die realwirtschaftlichen Folgen sind daher ein permanenter und zunehmender Wachstums- und Monopolisierungsdruck. Zugleich aber fehlt der völlig überschuldeten öffentlichen Hand, dem größten und lukrativsten Schuldner dieses parasitären Finanzkapitalismus, und der realwirtschaftlichen Fläche parallel dazu zunehmend Kaufkraft. Die weiteren Folgen sind dementsprechend eine im Überfluss produzierende, geradezu wahnhafte Wachstumsökonomie, die sich ununterbrochen neue Absatzmärkte erschließen muss.

Gleichzeitig aber verarmen weite Teile der Gesellschaft, denen direkt oder indirekt die Kaufkraft entzogen wird. Weil eben die öffentlichen Schuldenlasten, also die Ansprüche überakkumulierten fiktiven Kapitals, explosionsartig zunehmen. Noch zerstörerischer stellt sich die Situation auf den Finanzmärkten selbst dar. Dem dort zwar zirkulierenden, aber eben weitestgehend fiktiven Kapital steht schon lange nahezu überhaupt keine reale Liquidität noch Produktivität mehr gegenüber.

Doch besonders die entstehenden Überakkumulationen von Spekulationskapital, die "Spekulationsblasen", wirken ebenso wie die kreditäre Überakkumulation von Schuld, den "Finanzblasen" im engeren Sinne, unentwegt auf die Realwirtschaft und das darin zirkulierende Realkapital ein. Eben parasitär, als Anspruch, und damit letztlich als Liquiditätsvernichter. Insbesondere als Vernichter von Kaufkraft in der Fläche.

Auf diese Weise wohnen diesem gegenwärtigen, parasitären Wachstumskapitalismus permanente und langfristige Tendenzen des Ruins und Kollaps inne. Besonders und unmittelbar zum Ausdruck kommt dies beim Platzen jener Finanzblasen, die zu jenen Finanz- und in der Folge auch Wirtschaftskrisen führen. Obwohl diese Krisen an sich zu großen Teilen inszeniert sind, weil in einem unbeschreiblich hohen Ausmaß an psychotischer Wahnhaftigkeit und Unzurechnungsfähigkeit innerhalb politischer und ökonomischer Kreise schlicht und einfach das Ausbleiben von Wachstum zur Krise erklärt wird.

Die Absurdität liegt eben darin, dass die Produktivität selbst bei einem Schrumpfen immer noch derart hoch ist, dass sie in einer Überflussökonomie resultiert. Das wirklich Fatale ist vielmehr das Wegbrechen an realwirtschaftlicher Kaufkraft in der Fläche, die mittel- und langfristig zu einem Kollaps der gesamten Ökonomie führen kann. Denn die reale Wertschöpfung durch Konsum ist das eigentliche Fundament der Ökonomie, auf der unter seriösen Bedingungen auch ihre Kreditwürdigkeit beruht.

Dementsprechend ist der Gipfel politischer und ökonomischer Unzurechnungsfähigkeit das bisweilen regelrecht kriminelle Aufoktroyieren eines Sparkultes unter den Bedingungen einer teils systemimmanenten, teils aber auch propagandistisch inszenierten "Finanzkrise", die eine Gesellschaft und ihre Ökonomie mittel- und langfristig in den Ruin treiben, oder aber völlig monopolisieren.

Letzteres darf daher durchaus als die zuweilen willfährig betriebene, und dementsprechend auch kriminelle machtpolitische Agenda weiter Kreise innerhalb der finanzkapitalistischen Elite und ihrer politischen Handlanger, der formal-nationalstaatlichen Huren-Regime des Großkapitals betrachtet werden. Die letztliche, monetäre Triebfeder dieser ökonomischen und politischen Prozesse und Strukturen ist das Zinssystem. Dessen Handlanger wiederum, nämlich das Finanzsystem, aus diesen Gründen zu Fall zu bringen, ist dementsprechend eine prinzipiell noble Absicht.

Doch eben auch mit dem Risiko verbunden, letztlich nur den gegenwärtigen finanzkapitalistischen und monopolistischen Eliten in die Hände zu spielen. Dennoch bleibt insbesondere auch aus einer aufgeklärten, demokratisch-rechtsstaatlich orientierten Perspektive die Notwendigkeit, den Finanzkapitalismus in seiner momentanen Form zu zerstören. Doch dies muss dann absolut und vollumfänglich geschehen und zudem von einem alternativen, das alte System ersetzenden neuen Finanz- und Wirtschaftssystem begleitet werden.

Ein Bankrun allein ist also kaum eine Lösung und kaum geeignet, die bestehenden ökonomischen Machtstrukturen zum Einsturz zu bringen. Für ein eindimensionales, paranoides oder gar hysterisches Verdammen dieser Aktion besteht deswegen allerdings auch kein Grund. Denn die Idee eines Bankruns und der Aufruf zu einem solchen sind für sich allein betrachtet durchaus positiv und völlig ungeachtet dessen Nichtumsetzung, dafür aber angesichts der politischen Auswirkungen im Vorfeld, durchaus als Erfolg zu betrachten.

Das innerhalb der politischen Elite durchaus und sogar massiv gefürchtete Bedrohungsszenario eines Bankruns, sowie letztlich eines plötzlichen, massiven Zusammenbruchs des Bankensystems legt den Finger in die offene Wunde, die eine parasitäre, ruinöse Wachstumsökonomie, der Zinskapitalismus, in Staat und Gesellschaft gerissen hat. Und die durch dieses System selbst, aber auch eine sowohl unzurechnungsfähige, geradezu hirntote, wie willfährige, kriminelle Politik unentwegt vergrößert wird.

Denn was sich jenseits verlogener und manipulativer Propaganda abspielt, die ein lediglich statistisches, aber real nicht existierendes Wirtschaftswachstum oder Jobwunder herbei fantasiert, ist ein schleichender Zusammenbruch, sowohl der Wirtschaft, als besonders aber auch des Finanzkapitalismus. Denn die durch den Zinsmechanismus verursachte und beschleunigte unentwegte Schuldenproduktion und die wiederum durch diese verursachte Verknappung und Vernichtung von liquidem Kapital und realer Kaufkraft verkörpern letztlich ein System mit einem eingebauten Verfallsdatum.

Der Zinsmechanismus, die Entstehung von fiktivem Kapital aus dem Nichts, als Anspruch auf reales Kapital, ist ein in sich selbst fehlerhaftes, absurdes, geisteskrankes und selbstzerstörerisches System, das früher oder später kollabieren muss, und bereits mehrmals in der Geschichte nahezu vollständig kollabiert ist. Der Zeitpunkt eines weiteren, unausweichlichen Kollaps ist gegenwärtig erneut erreicht.